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Freitag, 21. Juni 2013

Vom Hörsaal in die Eisdiele - Existenzgründung einer Kieler Studentin

Lisei bedient noch persönlich
Foto: jh
In der Kirchhofallee an der Ecke zur Ringstraße befindet sich ein eindrucksvolles Eckhaus. Drinnen steht hinter einem gläsernen Tresen ein Mann, den nicht die Kieler Sonne so bräunen konnte. Mit Schwung stößt er den Löffel in das blaue Schlumpfeis, platziert eine übergroße Kugel in die Waffel und taucht sie anschließend in eine Schale voller Cookie-Streusel. Nun wird noch der obligatorische Haribo-Schlumpf auf dem Eis platziert. Das kommt vor allem bei den Kindern gut an.

Lisei, die Besitzerin der Eisdiele Liseis, ist Existenzgründerin. Vor zwei Jahren hat sie den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Seitdem hat sich Liseis herumgesprochen. Die Leute dort seien immer freundlich, an den frischen Früchten werde nicht gespart, wer wolle, brauche sich erst nach einem ganzen Probiermarathon durch die verschiedenen Milcheise und Sorbets entscheiden – falls dann noch etwas in den Magen passt. Und jetzt machen sie im Liseis auch noch ihre eigene Eiscreme.
Trotzdem scheint nicht einmal das riesige Plastikeis vor dem Laden aufzufallen. „Immer wieder kommen Leute rein und fragen, ob wir neu hier sind“, sagt Chefin Lisei.
Die Studentin der Volkswirtschaftslehre ist mit ihrer Existenzgründung unter ihren Kommilitonen eine Ausnahme. Zwar macht der Studiengang mit Wachstumsstrategien vertraut, aber die meisten trauen sich einfach nicht.

Das Angebot des selbstgemachten Eis ist vielfältig
Foto: jh
Nach dem KfW-Gründungsmonitor 2013 gab es 2012 mit 775.000 Gründern 60.000 weniger als im Vorjahr, als auch Lisei sich selbstständig machte. Und sogar 134.000 weniger als 2010. Das Gründungsgeschehen sei auf dem Tiefpunkt – und kein Anstieg in Sicht.
Der Weg zum eigenen Unternehmen ist kein Spaziergang, aber gut zu schaffen, findet Lisei. Die theoretischen Grundlagen beherrschte sie durch ihr Studium so gut, dass sie sich  nicht einmal beraten ließ - auch wenn die Theorie oft schwer zu realisieren war:

„Die Professoren haben für die Beispielrechnungen immer Eisdielen verwendet“, in der Realität sei aber doch alles anders, gibt Lisei zu. Aber mit viel Ehrgeiz und Fleiß schaffte sie es. Wenn sie etwas nicht wusste, habe sie einfach in Büchern nachgelesen. Zudem wusste sie, welche Prioritäten zu setzen waren: „Ganz wichtig ist natürlich die Location. Ich habe mich wirklich tagelang an die Straße gestellt und gezählt, wie viele Menschen hier vorbeikommen und mich dann für diesen Standpunkt entschieden.“ Lange habe sie auch über den Namen des Eiscafés nachgedacht, bis ihre Steuerberaterin vorschlug, einfach ihren Vornamen zu verwenden und ein „S“ anzuhängen. Wofür „Liseis“ steht, wissen aber die wenigsten. „Die meisten denken, ich heiße Lisa“, merkt die Studentin an.

Doch Fleiß und Kreativität allein reichen oft nicht: Gerade die letzten Änderungen in der Existenzgründungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit, werden als Grund dafür angesehen, dass der niedrigste Stand der Gründer seit 2000 erreicht ist. So wurde der Gründungszuschuss im Dezember 2011 von einer teilweisen Pflicht- in eine vollständige Ermessensleistung umgewandelt. Außerdem bleibt jetzt den Gründern weniger Zeit zur Umsetzung ihrer Ideen. 

Lisei hatte das Glück, von ihren Eltern gesponsert worden zu sein. „Darüber bin ich sehr froh“, sagt die 29-jährige, „denn es ist sehr schwer, Zuschüsse zu erhalten, weil man sehr konkrete und gut ausgearbeitete Entwürfe vorlegen muss, um eine Chance zu haben“. Glücklich ist sie auch über ihre Entscheidung vor zwei Jahren. Klar, das Studium litt zumindest in den Sommermonaten unter der zusätzlichen Belastung, werde aber im nächsten Semester erfolgreich beendet und „zum ersten Mal bleibt nun auch ein Gewinn für mich übrig“, freut sich Lisei, die bisher im Winter nebenbei jobben musste.

Dass ihr das Eis wirklich wichtig ist, merkt man, wenn sie davon erzählt. Aus ihr spricht dann die Genießerin und weniger die Geschäftsfrau. So habe sie die laktosefreien, veganen Eissorten auch gar nicht für eine bestimmte Klientel entworfen, sondern einfach weil es ihr so besser schmecke.
In dieser Saison produziert Lisei nun auch noch ihr eigenes Eis. Wieder las sie zahlreiche Bücher  und besuchte teure Seminare. Zufrieden ist sie immer noch nicht: „Ich habe noch so viele Ideen, für die ich bislang keine Zeit hatte“. So möchte sie bald selbstgemachte Eistorten verkaufen und Seminare zur Eisherstellung anbieten – damit jeder zu Hause sein eigenes Eis produzieren kann.
Der Mann hinter dem Tresen ist Liseis Vater. Stolz holt er eine Portion gerade fertiggestellten Vanilleeises hervor und lässt die Gäste erwartungsvoll probieren. (jh)

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