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Freitag, 21. Juni 2013

Fledermaus statt Möbelhaus



Fledermäuse verhindern möglicherweise den Bau eines großen Möbelhauses auf dem Kieler Kleingartengelände Prüner Schlag/Brunsrade 
Seit 2009 plant die Einrichtungshauskette Möbel Kraft den Neubau eines Möbelhauses auf dem ehemaligen Gelände des Kleingärtnervereins Prüner Schlag/Brunsrade. Trotz anhaltender Proteste von über 300 Kleingärtnern, verschiedenen Bürgerinitiativen und Privatleuten wurde das Gelände von der Stadt Kiel an den Wohneinrichter verkauft. Nun scheint der Neubau doch noch auf unerwartete, vielleicht sogar unüberwindliche  Hindernisse in Form kleiner Fledermäuse zu stoßen.

Dass auf dem Gebiet Fledermäuse beheimatet sind, ist schon lange bekannt. Um welche Arten es sich genau handelt, ist bis jetzt allerdings nicht weiter untersucht worden. Im Herbst 2012 wurden schließlich im Zusammenhang mit dem für 2014 geplanten Bau eines Möbelhauses auf dem 18 ha umfassenden Kleingartengelände erste Untersuchungen der zuständigen Ämter hinsichtlich der Situation der dort ansässigen Fledermäuse angestellt. Die Überraschung für die Wissenschaft: acht Fledermausarten wurden gesichtet, darunter auch die Zweifarbfledermaus (vespertilio murinus), die sich auf der roten Liste der gefährdeten Säugetiere Schleswig-Holsteins befindet und vom Aussterben bedroht ist. Es handelt sich um den ersten Nachweis dieser Art in Kiel seit 107 Jahren, sowie einer der ganz wenigen überhaupt in Schleswig-Holstein. Desweiteren lassen sich die Arten Braunes Langohr, Rauhautfledermaus, Großer Abendsegler und die Breitflügelfledermaus feststellen, die gefährdet oder stark gefährdet sind und ebenfalls allesamt auf der Roten Liste stehen. Bei der Zwergfledermaus und der Mückenfledermaus sind die wenigen Daten nicht aussagekräftig genug, um den Arten ein Gefährdungspotential zuzuordnen. Lediglich die Wasserfledermaus gilt als nicht gefährdet.

Die Zweifarbfledermaus (Foto: Wikipedia)


Neben diesen acht Arten werden drei weitere Arten vermutet.  Die Große Bartfledermaus,     die Teichfledermaus, sowie die Fransenfledermaus gelten ebenfalls als stark gefährdet. Diesen Sommer stehen nun zwei weitere Untersuchungen an, um genau zu klären, welchen Umfang  die Populationen der einzelnen Fledermausarten auf dem Gelände haben und ob die drei vermuteten Arten ebenfalls dort anzutreffen sind.

Die kleinen Tierchen könnten zur Stolperfalle für Kiels Bürgermeister Peter Todeskino (Grüne) werden. Die Stadt Kiel sieht immense finanzielle Vorteile für die Stadt und erwartet neben den Erlösen für den Grundstücksverkauf auch hohe Steuereinnahmen. Denkbar ist jedoch, dass ein Möbelhaus in solch zentraler Lage zu einem Frequentierungsrückgang der Einzelhandelsgeschäfte in der Kieler Innenstadt führt.

Ein alternativer Standort „auf der grünen Wiese“, also in den Randgebieten Kiels, würde sämtliche Umwelt- und Wirtschaftsprobleme auf einen Schlag lösen, wird aber von Möbel Kraft vehement abgelehnt. Im Vordergrund steht hier sicherlich die beabsichtigte direkte Konkurrenz zum zukünftigen Nachbarn Ikea.

Todeskino befürwortet eine Umsiedlung der Fledermäuse auf benachbarte Gebiete. Dieses steht jedoch im Widerspruch zu dem Grundsatzbeschluss, so viele Kleingärten wie möglich zu erhalten, da diese benachbarten Flächen ebenfalls die umgesiedelten Kleingärtner beheimaten sollen. Allerdings scheint der Ansturm der Kleingärtner auf die neuen Flächen laut Auskunft der Stadt Kiel auszubleiben. Daher besteht der Plan, das an das Baugebiet angrenzende Areal der Großen Grünen Schützengilde mitsamt einer 20 Meter breiten Schutzzone als Tabuzone einzurichten. Die Kieler Grünen Martina Baum und Fraktionsvize Dirk Scheelje sehen Erfolgschancen für das umstrittene Ansiedlungsprojekt nur dann, wenn das Naturschutzrecht vollständig beachtet wird: „Dies wird nur möglich sein, wenn die nicht von Möbel Kraft benötigten           Grünflächen im vollen Umfang erhalten und ökologisch aufgewertet werden, so dass den Fledermäusen rechtzeitig vor Baubeginn ein alternativer Lebensraum angeboten werden kann.“ Ob ein 20 Meter breiter Tabubereich jedoch dafür ausreicht, scheint unklar. Ebenfalls unbeantwortet bleibt die Frage, ob mit den Gartenhütten auch die Wohn- und Brutstätten, sowie Jagd- und Balzreviere der Fledermäuse und der anderen Säugetiere verschwinden.  Auch wie die Tiere auf den erhöhten Lärmpegel und das zwangsläufig zunehmende Verkehrsaufkommen in einem stark verkleinerten Lebensraum reagieren, wird sich erst nach Baufertigstellung beurteilen lassen.

Blick in den Prüner Schlag
Foto: ts
Die momentane Situation im Prüner Schlag:

Mittlerweile sind die meisten Gärten in der ältesten Kleingartensiedlung Deutschlands von ihren Pächtern verlassen worden. Vandalismus und Graffiti statt Kinderlachen und Sommerblumen. Dennoch halten einige, die die Abfindung von Möbel Kraft nicht akzeptiert haben, die Stellung und wollen sich dem Diktat des Verweises nicht beugen.

Etliche Bürger Kiels scheinen in Anbetracht der Bürgerinitiativen und Protestaktionen jedoch bereits ihre Entscheidung bezüglich des Neubaus getroffen zu haben. An fast jeder Ecke Kiels lassen sich abgestellte oder aufgehängte Blumen in Kästen oder Töpfen finden, die sich laut angebrachtem Aufkleber als städtisch ausgewiesene Ausgleichsfläche für die Bebauung des Prüner Schlages präsentieren. Ebenso prangen an unzähligen Laternenpfählen und Bushaltestellen Sticker, die sich deutlich gegen den Neubau aussprechen und auf Facebook überschlagen sich die Kritiken an dem Vorhaben. Selten war so viel Engagement der Bürger Kiels gegen ein Bauvorhaben wahrzunehmen.

Nun bleibt abzuwarten, ob Kiel ein weiteres Möbelhaus auf einer der letzten zentralen Grünerholungsflächen vertragen kann. Mit dem Risiko, einerseits einen massiven Beitrag zum Aussterben der wenigen verbliebenen Fledermäuse in Schleswig-Holstein zu leisten und andererseits den wirtschaftlichen Verfall der Innenstadt weiter voran zu treiben.  (ts)

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