Tatjana Garis ist eine immigrierte
Studentin. Sie ist 2005 mit ihren Eltern aus Russland ausgesiedelt. Damals war
sie 22 Jahre alt. Ein ziemlich fortgeschrittenes Alter und weit über dem
Durchschnitt, wenn man bedenkt, dass die meisten in deutlich jüngeren Jahren
nach Deutschland kommen oder gar hier geboren werden. Ihre Eltern gehören zu
den sogenannten Spätaussiedlern und als diese sich entschlossen hatten nach
Deutschland zu ziehen, wollte Tatjana
natürlich mit. Bevor die junge Russin nach Deutschland kam, hatte sie eine eher
unrealistische Vorstellung von Deutschland: „Ich habe mir Deutschland ohne
Regen vorgestellt. Bis jetzt macht mich der dauerhafte Regen nur depressiv. Außerdem
dachte ich, dass hier alle Menschen viel Geld haben. Leider stimmt das nicht.“,
gibt sie zu.
Laut einer Studie des Statischen
Bundesamtes leben in Deutschland 15 Millionen Menschen mit einem
Migrationshintergrund (Stand 2011). Diese machen 19% der deutschen Bevölkerung
aus. Dazu zählen Eingebürgerte mit Migrationshintergrund, eingebürgerte
Aussiedler und Spätaussiedler, so wie Kinder von Eingebürgerten. Die Zahl der
Studierenden in Deutschland lag 2011 bei 2 380 974. Davon sind 11% Studenten
mit Migrationshintergrund, wie eine repräsentative Befragung des Deutschen
Studentenwerks (DSW) ergab.
Mittlerweile studiert Tatjana
Russische Philologie und Empirische Sprachwissenschaften im vierten Semester an
der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. „Die Uni gefällt mir sehr“,
erzählt sie, „es gibt hier so viele Möglichkeiten: man kann zwischen vielen
Sprachen wählen, es gibt eine große Auswahl an Literatur in den Bibliotheken
und die Angebote an Praktika sind auch sehr umfangreich. Außerdem sind die
Dozenten hier viel interessantere Menschen als in Russland, genauso wie die
Studenten. Und klüger sind sie auch“, sagt sie lachend. Ihrer Meinung nach ist
das Weltbild dort eingeschränkter als in Deutschland. Die
Austauschmöglichkeiten zwischen Professoren und Dozenten seien dort nicht in
der Form möglich gewesen wie an der CAU. Bei der Frage nach der Integration
gesteht die Spätaussiedlerin, dass es nicht so gut läuft wie sie gerne hätte.
„Ich habe große Probleme mit der Sprache. Ich habe immer Angst deutsch zu sprechen,
da ich so viele Fehler mache und meine Aussprache nicht alle verstehen können.“
Einer der Gründe wird wohl ihr
Alter sein. Je vorangeschrittener das Alter, umso schwieriger lässt sich eine
Sprache lernen.
Lilit Charchyan ist 2010 mit 19 Jahren aus Armenien nach Deutschland
gekommen. Auch Lilit hat sprachliche Probleme: „Natürlich ist es schwierig sich
in einer Fremdsprache zu verständigen. Mein Hörverstehen ist gut, nur beim
Sprechen treten noch viele Fehler auf, da man keine Zeit hat darüber nachzudenken
um sich korrekt zu äußern.“
Dies liegt größtenteils an der
Angst von anderen ausgelacht zu werden. Daraus resultieren oftmals große
Komplexe, die es einem erschweren sich unter die einheimischen Studierenden zu
mischen. Wer keine sprachliche Praxis hat, lernt natürlich wesentlich
langsamer, als jemand, der versucht seine Angst abzulegen und so viel deutsch
zu sprechen wie möglich. Sie studiert ebenfalls Russische Philologie im vierten
Semester und Spanische Philologie im ersten Semester. Ihre Familie gehört zwar
zu den Spätaussiedlern aus Armenien, dennoch sind ihre Eltern dort geblieben.
Sie ist mit ihrer Schwester hergekommen. „Deutschland hat einfach mehr zu
bieten“ sagt sie und ist daher unter anderem wegen des Studiums nach
Deutschland gezogen. Um in Deutschland studieren zu können, musste sie erst
zwei Jahre eine Universität in Armenien besuchen. Auch ihr gefällt die CAU
Kiel, allerdings gefällt ihr nicht, dass der Schwerpunkt ihres Studiums eher
auf einer wissenschaftlichen Basis beruht und Sprachkenntnisse im allgemeinen nur
an zweiter Stelle stehen. Auch das Studiensystem sei sehr kompliziert. Nicht
nur für Erstsemester sondern vor allem auch für Ausländer. Nichtsdestotrotz
gefällt ihr Deutschland sehr. „Die Menschen sind nicht so gestresst hier. Das
Leben scheint viel einfacher zu sein als in Armenien.“, sagt sie bewundernd.
Über eins sind sich beide einig:
„Deutschland ist ein schönes Land zum Leben.“ Mittlerweile belegt Deutschland
international sogar den dritten Platz nach den USA und Großbritannien, wenn es
um das Auslandsstudium geht. Einer dieser Kieler Auslandstudenten ist Wajdan
Sabir. Er ist 2011 mit 27 Jahren für ein Studium der Statistik und Ökonomie aus
Pakistan gekommen. Für Deutschland hat er sich entschieden, weil die deutschen
Universitäten in diesem Bereich am besten abgeschnitten haben. „Die CAU gefällt
mir sehr gut. Die Lernatmosphäre ist toll und man erhält viel Unterstützung bei
der Entwicklung sozialer Kompetenzen.“, erzählt er. Nach Abschluss seines
Studiums möchte der Pakistaner wieder in seine Heimat zurückkehren. Dort wird
er dann als Dozent an einer Universität seiner Wahl arbeiten. Natürlich hat
auch der Kieler Student Schwierigkeiten
sich in Deutschland zu verständigen. „Aufgrund meines umfangreichen Studiums
habe ich leider nicht genug Zeit deutsch intensiv zu lernen“, gibt Wajdan zu.
Dennoch klappt die Verständigung und ebenso das Studium auch auf Englisch. „Für
mich ist Deutschland ein wahres Wunder in jeder Hinsicht.“ sagt er und genießt
die restliche Zeit hier. (tm)
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