Eine erste globale Studie zum
Stickstoffkreislauf im Ozean zeigt die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf den
chemischen Zustand des Ozeans.
Wie reagiert der Ozean auf die Klimaerwärmung? Um das herauszufinden
haben 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus elf Nationen bei einer
ersten globalen Studie die Veränderung des Stickstoffkreislaufes im Ozeans am
Ende der letzten Eiszeit rekonstruiert.
Der Stickstoffkreislauf im Ozean
ist ein fein ausbalancierter Prozess. Doch er wird durch die Klimaerwärmung
gefährdet. Denn bereits jetzt ist die Durchschnittstemperatur des Meeres um
0,8°C gestiegen. Eine Prognose für die nächsten 100 Jahre vermutet einen
Anstieg von 4°-5°C an der Erdoberfläche. Zusätzlich belastet der Mensch durch
die großflächige Düngung von Feldern das Gleichgewicht, denn es gelangen
riesige Mengen an Stickstoff in den Ozean.
Stickstoff dient dem Plankton als
Dünger und hilft ihm beim Aufbau von Zellen. Das Plankton betreibt
Photosynthese, nimmt Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre auf und gibt
Sauerstoff in die Luft ab. Außerdem dient es vielen Organismen als
Nahrungsquelle. Wenn nun aber zu viel Stickstoff in den Ozean gelangt, kann
sich das Plankton übermäßig vermehren. Wenn es stirbt, sinkt es in tiefere
Meeresregionen (100m) ab und wird dort von Bakterien zersetzt. Allerdings verbrauchen
die Bakterien dabei Sauerstoff. Wenn sich das Wasser nun aber erwärmt, werden
die Meeresströmungen, die neuen Sauerstoff in die tieferen Meeresregionen
tragen, langsamer. So kann es zu einem vollständigen Verbrauch des Sauerstoffs
kommen. Die Bakterien würden sich nun zur Zersetzung der Biomasse eines
Ersatzstoffes bedienen. Dabei würde allerdings toxischer Schwefel entstehen,
erklärt in einem Gespräch Professor Ralph Schneider, Direktor des Instituts für
Geowissenschaften an der Universität Kiel.
Auch nach dem Ende der letzten
Eiszeit hat sich das Klima um 2°-4° Grad erwärmt. Die Forscher haben nun untersucht, wie der
Stickstoffkreislauf auf diese extremen äußeren Einflüsse reagiert hat. Dazu
haben sie Proben aus dem Meeresboden genutzt. Denn die einzelnen Schichten
sagen etwas zu den jeweiligen Umweltbedingung zur Zeit ihrer Entstehung aus. „Wir
haben rund 2.300 Sedimentkerne aus allen Ozeanen vom Ende der Eiszeit
miteinander verglichen und 76 Zeitserien aus Stickstoff-Isotopen über die vergangenen
30.000 Jahre erstellt“, berichtet Professor Ralph Schneider in einer
Pressemitteilung der CAU Kiel. Aus diesen Daten können die Forscher ablesen,
dass der Ozean 500 Jahre gebraucht hat bis er sich an die veränderten
Bedingungen der Umwelt angepasst hatte und sein chemischer Zustand wieder im
Gleichgewicht war.
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| Die Klimaerwärmung nimmt Einfluss auf den Stickstoffkreislauf der Meere Foto: Hans Dekker: "North Sea Jazz"; some rights reserved; Quelle: www.piqs.de |
„Diese einmaligen Datensätze sind
eine wesentliche Grundlage für Computersimulationen, mit denen wir abschätzen
können, wie schnell der Stickstoffkreislauf auf den heutigen Klimawandel
reagiert“, erklärt Christopher Somes vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für
Ozeanforschung Kiel. Das Ergebnis der Studie
ist, dass der Stickstoffgehalt in den oberen Wasserschichten am Ende der
letzten Eiszeit stark zunahm, während der Sauerstoffgehalt in den tieferen
Meeresschichten stark abnahm. Die heutigen Einflüsse auf den Ozean sind
wahrscheinlich aber noch gravierender, als die Bedingungen nach der letzten
Eiszeit. So kann es sein, dass der Ozean einige Jahrhunderte oder sogar mehrere
Jahrtausende braucht, um sich an die neuen Umweltbedingungen anzupassen.
Wissenschaftlern stellen sich auf
der Grundlage dieser Erkenntnisse die Fragen: Wird es vielleicht ein größeres
Problem als die „bloße“ Erwärmung geben? Welchen Einfluss wird es auf die
Fische und Pflanzen haben? Wird der Sauerstoff reichen um größeren Lebewesen das
Überleben zu sichern? Eine Veränderung der natürlichen Nahrungsketten wäre
denkbar. Das hätte dann nicht bloß Einfluss auf die Umwelt, sondern auch auf
die Nahrungsversorgung des Menschen. Allerdings sind die bekannten Klimamodelle
zu eindimensional; sie setzen sich meist bloß mit einem physikalischen Aspekt,
wie z. B. der Temperatur auseinander. Um konkrete Vermutungen anstellen zu
können, müsste man chemische Faktoren, wie die Nährstoffverteilung und das
biologische Verhalten der Lebewesen mitsimulieren, was die Forscher allerdings
vor eine so große Komplexität stellt, dass eine Vorhersage schwer möglich ist,
so Professor Ralph Schneider. (da)

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