Menschen entwickeln schon relativ früh Mitgefühl. Doch wann genau und
wie beginnt es? Forscher der Kyoto University und der Hochschule für
Technologie in Toyohashi entdeckten nun, dass Babys schon im ersten Lebensjahr
Sympathie für Opfer von Aggressionen zeigen.
Der japanische Psychologe
Yasuhiro Kanakogi und seine Kollegen veröffentlichten in der
Online-Fachzeitschrift „PLOS ONE“ nun eine Studie, in der sie 40 Säuglingen
eine Videosimulation mit graphischen Elementen zeigten, in dem eine klare Gewaltsituation
gezeigt wurde. Die Kleinkinder beobachteten auf dem Schoß ihrer Eltern
wiederholt, wie ein blauer Ball einen gelben Würfel heftig attackierte. Ihnen
wurden anschließend ein tatsächlicher Ball und Würfel vorgelegt, zwischen denen
sie sich dann entscheiden konnten. Die meisten entschieden sich für den Würfel,
also das „Opfer“.
Die Babys können also die Rolle
von Angreifer und Opfer unterscheiden und zeigen Sympathie für den
Angegriffenen. Dieses Verhalten ähnelt stark dem der Primaten: „Wenn du den
Schmerz eines anderen fühlst, geh zu ihm und nimm Kontakt auf“, so die
Forscher. Selbst wenn eine dritte, neutrale Figur in die Simulation integriert
wurde, wurde bevorzugt der Angegriffene gewählt. Dies zeigt, dass die Kinder
sich nicht nur für das Opfer entscheiden, weil sie Angst vor dem Angreifer hatten,
sondern tatsächlich aus Mitgefühl heraus. Das Verhalten der Kinder blieb auch
dasselbe, als Form und Rollen der Figuren getauscht wurden.
Diese Forschung stellt einen
wichtigen Schritt zum besseren Verständnis der Entwicklung von Mitgefühl dar. „Das
beobachtete Verhalten“, erklären die Autoren auf wissenschaft-aktuell.de, „kann
der Grundstein für ein später voll entwickeltes teilnahmsvolles und
mitfühlendes Handeln sein.“
Bisher nahm die Wissenschaft an,
dass Kinder erst ab dem Alter von 18 Monaten anfangen sich für andere zu
interessieren. Mitfühlende Reaktionen zeigen sie erst ab dem Alter von etwa
zwei Jahren, wenn sie beginnen zwischen sich und anderen unterscheiden zu
können. Mit etwa drei Jahren ist ihr Mitgefühl so weit ausgeprägt, dass sie
sogar dazwischen gehen, wenn jemand angegriffen wird.
Die Studie der japanischen
Wissenschaftler zeigt nun, dass die Kinder, früher als bisher angenommen,
bereits im Alter von 10 Monaten die Rollen von Opfern und Angreifern
abschätzen, ihnen Ziele und Absichten zuschreiben können und Sympathie für das
Opfer zeigen, ohne Worte. (da)
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